Weißenfelds erste Enttäuschung weicht Olympia-Vorfreude

15.07.2016 | 08:00 Uhr

Zunächst war da eine „leichte Enttäuschung“. Der Deutschland-Achter wird bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro ohne Johannes Weißenfeld versuchen, seinen Titel zu verteidigen. Und auch im Vierer ohne Steuermann war kein Platz mehr frei für den Ruderer aus Herdecke. „Ich saß im letzten Jahr noch in diesem Boot. Natürlich will man es dann auch zu Olympia schaffen“, sagt der 21-Jährige. Die Bundestrainer entschieden anders, aber sie entschieden sich nicht komplett gegen das große Nachwuchstalent. Der Junioren-Weltmeister im Vierer ohne Steuermann von 2011 wird in Rio als Ersatzmann dabei sein. „Ich realisiere so langsam, dass ich trotzdem mein Traumziel erreicht habe. Auch wenn ich das Team wahrscheinlich nur von außen unterstütze“, sagt Weißenfeld.

Vollwertiges Mannschaftsmitglied

Gemeinsam mit dem zweiten Ersatzmann Torben Johannesen wird er als vollwertiges Mannschaftsmitglied mit nach Brasilien reisen. „Das ist eine große Ehre“, sagt Weißenfeld. „Ich bin zufrieden, dass die Bundestrainer uns zutrauen, einspringen zu können.“ Seine Einsatzchancen schätzt der Zwei-Meter-Athlet jedoch realistisch ein. „In den Mannschaftsbooten ist jede Bewegung aufeinander abgestimmt. Es ist kaum möglich, einen Kollegen gleichwertig zu ersetzen. Deshalb bekommt der Stamm das Vertrauen des Trainers“, sagt der Herdecker. Nur eine akute Verletzung oder Krankheit eines anderen Ruderers würde ihn ins Boot spülen. Es würde nicht Weißenfelds Naturell entsprechen, darauf zu hoffen.

Natürlich habe es in der Nominierungsphase Konkurrenzkämpfe gegeben, in denen es zur Sache gegangen sei. Die besondere Trainingsphilosophie des Achter-Bundestrainers fußt auf einem rauen Klima: „Aus Disharmonie entsteht Motivation“, zitiert Weißenfeld den Coach Ralf Holtmeyer. „Auf dem Wasser waren wir Gegner, aber auf dem Land verstehen wir uns gut.“

Deswegen akzeptierte Weißenfeld auch, dass ihm Andreas Kuffner im Rio-Achter vorgezogen wurde. Der Stammruderer hatte bereits 2012 bei Olympia in London im deutschen Gold-Boot gesessen, wurde anschließend durch Bandscheibenvorfälle zurückgeworfen, kämpfte sich aber ab Herbst vergangenen Jahres zurück. „Ich war besser beim Rudern auf dem Wasser, aber Andreas ist physisch mit am stärksten und hat Erfahrung. Ich kann die Entscheidung nachvollziehen“, sagt Weißenfeld.

Der 21-Jährige schätzt sich reflektiert ein: „Meine physische Leistungsfähigkeit stimmt noch nicht, da muss ich weiter Gas geben. Ich bin allerdings noch jung und habe Zeit für den nächsten Olympia-Zyklus.“ In Tokio 2020 möchte Weißenfeld gereift im deutschen Boot sitzen. Die Erlebnisse bei den Spielen in Brasilien sollen ihm helfen. „Ich verspüre eine tierisch große Vorfreude“, sagt er.

Vorsicht vor Zika-Virus

Die Neugier auf das sportliche Spektakel in Rio werde auch weder durch die schwierigen Bedingungen auf der Regattastrecke noch durch die Angst vor dem Zika-Virus geschmälert. „Uns wurden in einem Vortrag einige Maßnahmen aufgezeigt, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Aber ein gewisses Risiko bleibt“, erzählt Weißenfeld. „Wir sollten nicht mit Wasser in Berührung kommen.“ Wie das als Ruderer geht? „Es ist zumindest einfacher für uns als etwa für die Freiwasserschwimmer“, meint der Medizinstudent der Ruhr-Universität Bochum. Die Athleten werden keine Wasserflaschen mit ins Boot nehmen, regelmäßig die Riemen desinfizieren und stets Insektenspray benutzen.

„Es ist aber auch wichtig, sich nicht zu viele Gedanken zu machen“, stellt Weißenfeld klar. Er möchte seine ersten Olympischen Spiele genießen – ganz egal, ob im Boot oder als Ersatzmann.

Text: Niklas Preuten

Quelle: www.derwesten.de