Johannes Weißenfeld: „Die Vorfreude steigt: Olympia, wir kommen!“
23.07.2016 | 07:36 Uhr
Foto: Gleiches Pensum wie alle anderen: Die Ersatzleute Johannes Weißenfeld (links) und Torben Johannesen spulen im Österreich-Trainingslager am Völkermarkter Stausee Kilometer ab. Foto: Carsten Oberhagemann
In unserer Serie „Mein Weg nach Rio“ schreiben seit Ende 2015 die Olympia-Kandidaten aus Wetter und Herdecke über ihren Traum von Olympia. Die Qualifikation geschafft hat nur einer: Johannes Weißenfeld, vom RC Westfalen Herdecke, der als Ersatzmann mit nach Brasilien reist. Heute schreibt er über die stressigen letzten Tage der Vorbereitung:
„Noch 13 Tage bis zum Start der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. Ich habe es tatsächlich geschafft, mein langjähriges Ziel ist zum Greifen nahe. Der DOSB hat mich nun offiziell nominiert. Als ich von dieser Entscheidung erfuhr, habe ich mich riesig gefreut und konnte mich das erste Mal seit Monaten wieder entspannen. Vor vier Jahren saß ich noch mit gebanntem Blick vor dem Fernseher und habe meinen Vorbildern bei den Olympischen Spielen zugesehen und ihnen nachgeeifert. Hätte mir jemand gesagt, dass ich vier Jahre später auch dabei sein werde, hätte ich es ihm nicht geglaubt. Dass sich dieser Traum nun verwirklicht hat, ist das Resultat aus viel Aufopferung, Disziplin und hartem Training.
Die letzten Wochen verliefen sehr schwierig für mich, zwischenzeitlich sah es nicht sonderlich gut für meine Nominierung aus. Die Plätze für die Ersatzleute sind limitiert, vier Sportler nominiert der Deutsche Ruderverband. Der Verband entschied sich glücklicherweise für mich. Während dieser Entscheidung befanden wir uns im vorletzten Trainingslager in Österreich am Völkermarkter Stausee. Dort haben wir noch mal ein hohes Trainingspensum absolviert. Nach drei Wochen perfekter Rahmenbedingungen ging es für uns drei Tage in die Heimat, um noch einmal Kraft zu tanken und mit viel Elan in das finale Trainingslager zu starten.
Mental anspruchsvolle Aufgabe
Auf dem Weg nach Ratzeburg zu unserer letzten Trainingsmaßnahme legten wir einen Zwischenstopp in Hannover ein. Da ging ein weiterer Traum für mich und viele andere Sportler in Erfüllung: die offizielle Olympia-Einkleidung. Aus mehr als 70 Teilen besteht die Ausstattung, die wir in Rio tragen dürfen. Die Sachen brachten mir den letzten Motivationsschub, den ich noch für das anstehende Trainingslager brauchte. In Ratzeburg bereiten wir uns sehr spezifisch für die Rennen in Rio vor und schaffen sozusagen den letzten Feinschliff.
Nach anfänglicher Enttäuschung, keinen direkten Bootsplatz ergattert zu haben, bin ich inzwischen voll in meine Rolle als Ersatzmann eingestiegen. Die Entscheidung der Trainer habe ich akzeptiert und widme mich nun meiner speziellen und mental anspruchsvollen Aufgabe. Natürlich ist es schwierig, genauso viel zu trainieren wie alle anderen und letztlich nicht an den Start gehen zu dürfen. Nichtsdestotrotz bin ich hochmotiviert, dem Team tatkräftig zur Seite zu stehen und im Falle einer Verletzung/Erkrankung einzuspringen und mein Bestes zu geben. Momentan ist das ganze Team durch das intensive Training noch sehr erschöpft, das ist aber Teil des Plans. Wir werden die nächsten Tage das Pensum stark runterfahren, um deutlich stärker und fitter aus der Erschöpfung hervorzugehen.
Ein weiterer wichtiger Punkt, den wir in Rio besonders beachten müssen, ist unsere Gesundheit. Dafür haben wir viele Maßnahmen zur Hygiene im Olympischen Dorf getroffen, aber auch während der Reise treffen wir viele Maßnahmen. Dazu gehört Thrombose-Vorbeugung, die richtige Kleidung während eines klimatisierten Langstreckenflugs und ausreichend Schlaf, dem wohl wichtigsten Faktor für unser Immunsystem.
Zurzeit üben wir auch täglich unsere Hygiene-Routinen, dazu gehört regelmäßiges Desinfizieren der Hände sowie unserer Skulls und Riemen. Diese Maßnahme ist erforderlich, da die Wasserqualität in Rio katastrophal ist und die Wahrscheinlichkeit einer Magen-Darm-Erkrankung sehr hoch. Der wichtigste Punkt ist aber die Gefahr des Zika-Virus. Wir haben spezielle Insektensprays, die wir als Schutz auf die Haut auftragen. Die Kleidung wird ebenfalls mit einem Insekten abhaltenden Spray behandelt, damit niemand infiziert wird. Das Virus an sich ist nicht so schlimm, aber die grippeähnlichen Symptome, die danach auftreten können.
Das kann die gespannte Erwartungshaltung nicht schmälern. Am 28. Juli geht unser Flieger. Die Vorfreude steigt, und ich kann es kaum erwarten: Olympia, wir kommen!“
Text: Johannes Weißenfeld
Quelle: www.derwesten.de