Techniker Weißenfeld arbeitet an der Kraft

26.10.2016 | 07:26 Uhr



Sieg bei den 103. Deutschen Meisterschaften: Mit Johannes Weißenfeld (rechts) vom RC Westfalen Herdecke als Bugmann holt der neu zusammengestellte Achter auf dem Elfrather See den Titel. „Wir hatten eine coole Truppe mit sehr vielen erfahrenen Ruderern zusammen“, sagt der 22-jährige Herdecker aus dem Team Deutschlandachter. Foto: Detlev Seyb

Weißer Kittel statt Ruder-Trikot – in den vergangenen anderthalb Monaten stand für Johannes Weißenfeld vor allem Klinikalltag auf dem Programm. Der angehende Mediziner absolvierte im Dortmunder Nordstadt-Krankenhaus die erste Hälfte seines Pflegepraktikums. Unfallchirurgie und Orthopädie waren die Einsatzbereiche des Studenten der Ruhr-Universität Bochum. Bei ihm selbst ist orthopädisch alles in Ordnung. „Ich kann nicht klagen“, sagt der Ruderer vom RC Westfalen Herdecke.

Eine gute Konstitution ist nötig, denn in diesen Tagen nimmt das Training mit dem Team Deutschlandachter langsam Fahrt auf. „Jetzt geht’s wieder los“, sagt Weißenfeld. Doch auch in der nacholympischen Phase war der 22-Jährige nicht untätig. Bei den 103. Deutschen Ruder-Meisterschaften auf dem Elfrather See fuhr der Herdecker in Krefeld mit seiner Mannschaft zum Achter-Titel. Die frisch zusammengesetzte Crew aus acht Vereinen lag auf der 1000 Meter langen Regattastrecke schon nach 400 Metern mit einer Bootslänge in Führung. Mit Weißenfeld als Bugmann holte das Team nach 2:43,69 Minuten souverän die Goldmedaille. Ebenfalls aus dem Team Deutschlandachter dabei: Maximilian Planer und Peter Kluge. „Es war schön, mal wieder im Vereinseinteiler anzutreten“, sagt Maximilian Planer vom Bernburger RC. „Viele von uns kannten sich schon, aber dass wir direkt so durchstarten, hätte ich nicht gedacht. Wir haben am Wettkampftag erstmals miteinander trainiert“, so Planer.

Punkten beim Bundestrainer

„Für mich stand der Spaß im Vordergrund. Wir hatten eine coole Truppe mit sehr vielen erfahrenen Ruderern zusammen“, meint Johannes Weißenfeld. Auch wenn die Deutsche Meisterschaft nicht den Stellenwert einer Kleinbootmeisterschaft hat, werteten die Beteiligten den Sieg als tollen Erfolg. „Ich habe mich über diesen Sieg gefreut, als wäre es etwas Wichtiges“, sagt Weißenfeld.

Das olympische Jahr war für den 22-Jährigen kein leichtes. In Brasilien musste er sich mit der Rolle als Ersatzmann abfinden. Dennoch hat der Herdecker bei den Olympischen Spiele großartige Erfahrungen gesammelt. „Für mich war es ein tolles Erlebnis. Es waren enorm viele Eindrücke“, sagt Johannes Weißenfeld. Gemeinsam mit Torben Johannesen, dem zweiten Reservisten, trainierte er hart, so als könnte er jeden Tag zum Einsatz kommen. „Ich glaube, wir haben beim Bundestrainer einen positiven Eindruck hinterlassen.“

Nun werden die Karten neu gemischt, auch wenn die Silbermedaillen-Gewinner einen kleinen Bonus beim Kampf um einen der begehrten Achter-Plätze habe dürften. „Jeder kriegt seine neue Chance“, ist Weißenfeld aber überzeugt. Momentan absolvieren Deutschlands Ruder-Asse auf dem Dortmund-Ems-Kanal eine Einheit pro Tag, rund 20 Kilometer. Ab November wird das Pensum dann gesteigert, dazu kommen Ergometer- und Krafttraining.

Vor allem die Kraft ist ein Thema, das für Johannes Weißenfeld im Fokus steht. „Ich müsste ein bisschen stärker werden. Unser Trainer Christian Viedt sagt immer: Rudern kannst du, jetzt musst du nur noch mehr drücken.“ Der zwei Meter große und 92 Kilogramm schwere Athlet weiß genau, woran er arbeiten muss. Der exzellente Techniker will Bundestrainer Ralf Holtmeyer beweisen, dass er auch die nötige Kraft auf die Ruderblätter bringen kann. Ein individuelleres Training am Olympiastützpunkt könnte für den Herdecker Ausnahmeathleten womöglich noch weitere Prozente bringen. Das will Weißenfeld im Gespräch mit dem Bundestrainer thematisieren.

„Erst einmal heißt es wieder Rudern, vor allem im Großboot“, sagt Weißenfeld. Zuletzt war er hauptsächlich im Achter auf dem Wasser. Abwechslung in den Trainingsalltag bringt am 19. November der Basel Head, das größte Ruder-Event im deutschsprachigen Raum. Ein Teilnehmerfeld von 100 Achter-Mannschaften aus zehn Nationen erwarten die Veranstalter, über 6,4 Kilometer auf dem Rhein messen sich führende Ruder-Nationen und Vereinsmeisterschaften. „Eine sehr geile Regatta“, erwartet Johannes Weißenfeld. Das Verfolgungsrennen, bei dem die Boote mit GPS-Sendern versehen in engem Zeitabstand starten, führt mitten durch Basels Innenstadt unter drei Brücken hindurch, nach der Hälfte der Strecke gibt es eine 180-Grad-Wende.

„Cooler Showdown“ in Basel

„Da werden einige gute Nationen und Vereinsmannschaften dabei sein, unter anderem die Holländer“, sagt Weißenfeld über das Ruder-Spektakel. Der deutsche Olympia-Stützpunkt wird mit drei Achtern an den Start gehen: Der erste Achter, indem auch Johannes Weißenfeld und einige Silbermedaillen-Gewinner sitzen werden, ein zweiter Achter mit denjenigen Athleten aus dem Team, die es knapp nicht ins erste Boot geschafft haben, sowie ein dritter Achter mit dem deutschen U23-Nachwuchs. „Das wird ein cooler Showdon“, freut sich Weißenfeld. Doch bis es soweit ist, werden noch einige Trainingskilometer zusammenkommen.

Text: Thorsten Langenbahn

Quelle: www.derwesten.de