Neuer Achter startet Gold-Mission
19.05.2017
Wenn der Deutschland-Achter im Olympia-Stützpunkt Dortmund vorgestellt wird, gehört es alljährlich zur Routine, dass sich die Ruderer nach den Interviews und vor ihrem Foto-Termin auf dem Dortmund-Ems-Kanal noch einmal stärken. Diesmal gab es für die an die zwei Meter großen Modellathleten Burger mit Pommes. Sie können es sich wie der 55 Kilo schwere Steuermann Martin Sauer erlauben. Die Menü-Auswahl war ganz auf Amerika ausgerichtet. Es war ein Zeichen, denn der Saison-Höhepunkt 2017, die WM, steigt im September in Sarasota im US-Bundesstaat Florida.
Bender für Holtmeyer
Wie bei allen Weltmeisterschaften und erst recht bei Olympischen Spielen richtet sich das Hauptinteresse der Öffentlichkeit auf den Deutschland-Achter. Entsprechend groß ist der Erfolgsdruck, der auf den kräftigen Schultern der acht besten deutschen Riemen-Ruderer und auf ihrem eher zierlichen Steuermann lastet. 2017 ist vieles neu beim deutschen Flaggschiff.
Neben Schlagmann Hannes Ocik (Schwerin) waren Malte Jakschik (Castrop-Rauxel), Richard Schmidt (Trier) und Steuermann Martin Sauer (Berlin) schon im vorigen Jahr dabei. Felix Wimberger (Passau) und Maximilian Planer (Bernburg) kehrten ins Boot zurück. Erstmals nominiert wurden Torben Johannesen (Hamburg), Johannes Weißenfeld (Herdecke) und Jakob Schneider (Essen).
Die spektakulärste Veränderung gibt es jedoch nicht im Boot, sondern an Land. Die Ruderer kommen und gehen, doch der Baumeister war viele, viele Jahre lang Ralf Holtmeyer. Schon 1988 führte er den Achter zum Olympia-Gold. In diesem Jahr tauschte der Bundestrainer die Arbeit mit seinem Kollegen aus dem U23-Bereich, Uwe Bender. Holtmeyer will die Talente fördern und fordern, um dann bei seinen zehnten Olympischen Spielen 2020 in Tokio erneut Gold mit dem Achter zu holen.
Der Achter befindet sich im Umbruch. Die erste Bewährungsprobe muss Bender mit der verjüngten Besatzung schon vom 26. bis 28. Mai bei der Europameisterschaft im tschechischen Racice bestehen. „Die erste Regatta ist immer ein Schuss ins Blaue“, sagt der 58 Jahre alte Bender. „Wir wissen noch nicht genau, wo wir stehen. Aber wir wissen, was wir können.“
Steuermann Sauer: Wir lernen dazu
Den aktuellen Leistungsstand können die beiden Routiniers, Richard Schmidt und Steuermann Martin Sauer, beurteilen. Beide sitzen schon seit 2009 im Achter. „Physisch haben wir nicht die Stärke früherer Besatzungen. Aber die Jungen können sich weiter entwickeln, lernen dazu“, sagt Sauer. „Wir blicken schon nach Tokio und müssen aus Fehlern der vergangenen Jahre lernen.“
Sauer sieht viel Potenzial im neuen Boot. Und auch Bender hofft, dass die aktuelle Besatzung in die Erfolgsspur findet. Nach der Pleite bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking, wo sogar der Endlauf verpasst wurde, blieb der Achter vier Jahre lang ungeschlagen, holte drei WM-Titel und krönte diese goldene Periode mit dem Olympiasieg 2012. Seitdem beherrschen die Briten die Achter-Wettbewerbe. „Wir nehmen uns für diesen Olympia-Zyklus vor, es wieder zu kippen“, sagt Interimstrainer Bender. Richard Schmidt, der in der kommenden Woche 30 wird, traut dies dem neuen Deutschland-Achter zu: „Ich glaube, dass wir es mit dieser Mannschaft schaffen können."
Ob alt oder jung, schwer oder leicht: Der Achter, der wegen des Steuermanns eigentlich ein Neuner ist, fährt gespannt zur EM. Schlagmann Hannes Ocik will der Konkurrenz mit den Olympiasiegern aus Großbritannien und den starken Niederländern schon in Tschechien beweisen, wie stark der neue verjüngte Deutschland-Achter ist: „Natürlich treten wir an, um unseren Titel zu verteidigen.“
Text: Thomas Lelgemann
Quelle: www.waz.de
Foto: www.deutschlandachter.de